Advents(sonntags)kalender

 

1. Advent

 

 

 Verheißung

 

 

Und der Engel sprach zu ihr:

 "Fürchte dich nicht, Maria, du hast Gnade bei Gott gefunden."

 

 (Lukas 1, 30)

 

 

 

Eine Verheißung ist ein Versprechen – und das Gegenstück zum Plan. Jedes menschliche Leben beginnt mit beidem. Während der Plan schon im Erbgut eines Embryos angelegt ist, möchte eine göttliche Zusage unser täglicher Zuspruch sein: „Ich habe dich bei deinem Namen gerufen, du bist mein.“ Diese Verheißung gibt unserem Leben Sinn, bevor wir selbst etwas begonnen haben. In vielen Sprachen wird zwischen Verheißung und Versprechen nicht unterschieden.

 

Man kann auch ohne Verheißung leben, aber nicht ohne Versprechen.

 

Denn Versprechen, ob ausgesprochen oder nicht, gestalten unsere Beziehungen, geben unserem Leben Verbindlichkeit. Mehr noch:

 

Mit Versprechen machen wir uns für uns selbst berechenbar. Nur wer etwas verspricht, kann sich selbst treu bleiben. Diese menschliche Grunderfahrung, dass Versprechen uns Orientierung geben, liegt auch den biblischen Erzählungen über göttliche Verheißungen zugrunde – vom ersten Bund Gottes mit den Menschen bis zur Verkündigung an Maria:

 

Siehe, du wirst schwanger werden.

 

Frank Hofmann 

 

 

 

 

 

2. Advent

 

 

Vertrauen

 

 

 Josef, ihr Mann, der gerecht war und sie nicht bloßstellen wollte, beschloss, sich in aller Stille von ihr zu trennen. Während er noch darüber nachdachte, erschien ihm ein Engel des Herrn im Traum und sagte:

 

„Josef, Sohn Davids, fürchte dich nicht, Maria als deine Frau zu dir zu nehmen; denn das Kind, das sie erwartet, ist vom Heiligen Geist.“

 

(Matthäus 1, 10f)

 

 

 

Ohne Vertrauen kann ich nicht leben. Vertrauen macht mich zum Menschen. Es trägt mich wie der Grund, auf dem ich stehe. Jeden Tag reagiere ich in unzähligen Situationen mit blindem Vertrauen. Setze darauf, dass auf andere Verlass ist. Zu diesem Vertrauen muss ich mich nicht entschließen; es ist mir mitgegeben. Ich bewege mich darin.

 

Vertrauen kann auch enttäuscht werden. Doch das nimmt ihm weder seine Wahrheit noch sein Recht.

Manchmal muss ich es wagen, unbedingtes Vertrauen zu schenken. Dann jedoch kann es auch auf unerwartete Weise beantwortet werden.

Der Mut zum Risiko ermöglicht den Schritt nach vorn.

Einen rettenden Sprung.

Damit kommt Neues in die Welt.

 

Josef vertraut wider alle Erfahrung und Vernunft. Nicht sofort. Erst sucht er das Weite. Zu groß ist die Zumutung. Bis er das Wagnis als Chance begreift. In traumhafter Sicherheit kehrt er auf dem eingeschlagenen Weg wieder um. Wagt sich heran – auf ein Entgegenkommen zu. So wird er zum Vater.

 

Kai-Uwe Scholz

 

 

 

 

 3. Advent

 

 

 

Gerechtigkeit

 

 

 

Maria singt: „Er stürzt die Mächtigen vom Thron und erhöht die Niedrigen.“

 

 

(Lukas 1, 52)

 

 

 

Das ist der große Menschheitstraum: dass es anders sein kann. Dass eine Welt möglich ist, in der es gerecht zugeht. In der es kein Oben und Unten gibt, kein Groß und kein Klein.

 

Die schwangere Maria besingt Gott, der in ihr wächst und kräftig wird. Und sie ersehnt seine Gerechtigkeit, die nicht nach menschlichem Maß misst. Nicht zuteilt, berechnet, wegnimmt. Sondern die barmherzig ist. Den Menschen in allen seinen Möglichkeiten, seinen Grenzen und seinen Hoffnungen begreift. Die gerade dem zuteilwerden soll, der sie nicht schon zu besitzen meint, sondern nach ihr hungert und dürstet.

 

Das Kind, das Maria in sich trägt, wird ein Träumer werden, ein Utopist. Es wird immer genau das fordern, was eigentlich unmöglich scheint. Und zeigt uns damit, was wir von uns selbst erwarten dürfen:

 

Gerechtigkeit ist der Weg zu Gott, den wir finden können. Nur eine gerechte Welt ist frei. Dann, wenn nicht die Macht sich das Recht nimmt, sondern das Leben.

 

Inken Christiansen

 

 

 

 

 

4. Advent

 

 

 

 

Heimat

 

 

 

 

 

Und jedermann ging, dass er sich schätzen ließe, ein jeder in seine Stadt. Da machte sich auf auch Josef aus Galiläa, aus der Stadt Nazareth; in das jüdische Land zur Stadt Davids; die da heißt Bethlehem, weil er aus dem Hause und Geschlechte Davids war.

 

 

(Lukas 2, 3 f)

 

 

 

 

Heimat – das ist so vieles, und für jeden anders. Meist steht Heimat für einen Ort. Den Ort, aus dem du kommst, wo du dich zuhause fühlst. Die Stadt, die Straße, das Haus. Ein Ort, den du erinnerst mit allen Sinnen, der Blick ins Tal von der alten Bank aus, das Geräusch der Schritte auf dem Kiesweg, das Gefühl der rauen, kalten Türklinke in der Hand, der Geruch beim Hereinkommen, die bekannten Stimmen. Heimat, ein Ort, an dem du dich wohlfühlst, zu dem du gerne zurückkehrst. Heimat so verstanden ist etwas, aus dem du vertrieben werden kannst, das zerstört werden kann. Diese Heimat kannst du verlieren.

 

Aber Heimat ist viel mehr. Nicht nur Geografie. Heimat wird lebendig, wo die nächsten Menschen sind. Die, die du liebst, die du auf Reisen vermisst, auf die du dich freust, wenn du heimkehrst. Heimat ist dort, wo nicht alles hinterfragt wird, wo die eigenen Rituale und Gewohnheiten den Rhythmus bestimmen, wo du frei leben, lieben und glauben kannst. Heimat heißt vertraut sein und aufgehoben. In der Liebe von Menschen und in der Geborgenheit alter Zusagen. Erkannt werden und gerufen sein. Heimat ist etwas, das vielleicht erst wächst und das du dir schaffen kannst, gemeinsam mit anderen. Diese Art Heimat kannst du mit dir führen, wie das Vertrauen darauf, begleitet zu sein. Vielleicht so auch Josef, der sich aufmacht, die Vertraute mitnimmt, der aufbricht und Heimat neu schafft.   

 

                           

Sabine Schäfer-Kehnert

 

 

 

Weihnachten

 

 

 

 

Freude

 

 

 

 

Und der Engel sprach zu Ihnen: „Fürchtet euch nicht! Siehe, ich verkündige euch große Freude, die allem Volk widerfahren wird.“

 

 

(Lukas 2, 10)

 

 

 

 

Alles ist Geschenk

 

 

Welch größeres Geschenk hätte Gott vor unseren Augen aufleuchten lassen können als dieses: dass er seinen eingeborenen Sohn zum Menschensohn werden ließ, damit jedes Menschen Kind ein Kind Gottes werden kann?

 

Wessen Verdienst ist dies? Welchen Grund gibt es dafür?

 

Denke darüber nach und du wirst nur eine Antwort finden:

 

 

Alles ist Geschenk.

 

 

 

Augustin